Der Landschaftstempel von Bad Urach – Teil 1
Die Landschaft um den Runden Berg bei Bad Urach weist einige Besonderheiten auf. Hier finden wir ein schönes Beispiel für einen sogenannten Landschaftstempel.
Menschen früherer Kulturen fanden ihr Weltbild und ihre Mythologie verkörpert in heiligen Bäumen, Steinen, Quellen, Bergen und ganzen Landschaftsformationen. Angefangen von der Steinzeit über die Weltbilder der Germanen und Kelten gilt dies vor allem für die Naturreligionen, aber auch für die großen Weltreligionen.
Landschaftstempel sind natürlich entstandene Landschaftsformationen, die sozusagen eine Offenbarung der „kosmischen Ordnung“ und mythischer Inhalte der jeweiligen Religion und Kultur darstellen und deshalb wahrscheinlich auch für kultische Zwecke genutzt wurden.
Südwestlich von Bad Urach, rund um den „Runden Berg“ finden wir einen solchen Landschaftstempel. Er umfasst das gesamte Gebiet vom Hohenuracher Burgberg über den Uracher Wasserfall den Brühlbach, das Schießtal, den Runden Berg, das Maisental und die Gütersteiner Wasserfälle.
Wenn man von Metzingen kommend Bad Urach erreicht, fallen einem sofort die beiden markanten Hügel des „Runden Berg“ und des „Hohenurach“ mit seiner Burgruine auf und ziehen einen magisch an. Und auch die Flusstäler zu beiden Seiten des Runden Bergs scheinen wie in eine andere Welt zu führen. Auf der einen Seite die Stadt, der Verkehr, der Lärm. Auf der anderen Seite eine stille, grüne Welt wie aus einer anderen Zeit, die mich immer ein wenig an das Auenland der Hobbits aus dem Herrn der Ringe erinnerte.
Der Runde Berg
Der Runde Berg bei Bad Urach ragt etwa 250 m über das Tal und ist über einen schmalen Sattel mit der Albhochfläche verbunden. Auf dem kleinen Plateau befanden sich mehrere vor- und frühgeschichtliche Höhensiedlungen. Es gibt Funde aus der frühen Bronzezeit, der Hallstatt- und Latènezeit (Kelten). Bald nach der römischen Besatzungszeit ließen sich die Alemannen dort nieder. Im 4.-5. Jahrhundert residierte dort ein alemannischer Kleinkönig. Später hat es weitere Burgen und Adelssitze dort gegeben, bis er im 11.Jahrhundert dann endgültig verlassen wurde.
Die Burg Hohenurach
Die Burg entstand in der Zeit zwischen 1030 und 1050, wahrscheinlich nachdem der Runde Berg als Standort aufgegeben worden war. Bauherren waren die Grafen von Urach. Nach der Teilung Württembergs 1442 baute Graf Ludwig von Württemberg, Urach zur Residenz seines Landesteils aus. 1482 verlegte der Sohn Ludwigs, Graf Eberhard V., die Residenz des vereinigten Landes wieder zurück nach Stuttgart. Der Hohenurach diente dann zum Teil als Wohnsitz für unliebsame Familienmitglieder der gräflichen Familie und auch als Gefängnis. 1694 wurden Teile der Burg durch einen Blitzschlag zerstört. 1761 gab man die Festung auf.
Was macht nun den Landschaftstempel am Runden Berg aus?
Der Runde Berg liegt als runder Bergkegel in einem Seitental der Erms im „Delta“ zweier Bacharme, die jeweils von einem Wasserfall am Talschluß zur Albhochfläche gespeist werden. Beide Arme umfließen den Runden Berg und vereinigen sich dann im Brühlbach. Im Sinne einer mythischen, „heiligen“ Landschaft wird der Runde Berg damit zum Symbol der Erdgöttin und Urmutter. Er ist ihr schwangerer Bauch, das Delta der beiden Bäche ihr fruchtbarer Schoß. Diese uralte Symbolik reicht bis in die Steinzeit zurück und ist als Archetyp tief in unserem Unterbewusstsein verankert. Daneben steht der männliche Heros in Form des Hohenurach als Wächter und Beschützer. In dieser mythischen Landschaft treffen männliches und weibliches Prinzip, Yin und Yang zusammen und ergänzen sich.
Die Landschaft erleben
Um die Qualitäten der Natur und Landschaft um den Runden Berg zu erleben, sollte man sich, wenn möglich, zwei Tage Zeit nehmen. Eine erste Tour führt vom Parkplatz an der Gaststätte zur Burgruine Hohenurach (ca. 200 Höhenmeter) und von dort auf halber Höhe bis zum oberen Ende des Uracher Wasserfalls. Dort steigt man neben dem Wasserfall ab bis zum Talgrund und wandert am Brühlbach entlang zurück zum Parkplatz. Das sind ca. 6 km. Mit Pausen zum Schauen und Spüren ist man etwa 3 Stunden unterwegs. Eine zweite, etwa ähnlich lange Tour führt über die Gütersteiner Wasserfälle und den Runden Berg und wird im 2. Teil dieses Artikels beschrieben.
Hohenurach
Anders, als viele andere Burgen, ist der Hohenurach ein angenehmer Ort. Man hat einen wunderbaren Ausblick und vor allem der Blick auf den Runden Berg und in die verwunschenen Täler zu seinen Seiten ist zauberhaft. Im Gegensatz zu vielen anderen Plätzen auf Bergen, die oft eine starke Luftqualität haben, erlebt man auf der Ruine Hohenurach die Kraft der Sonne und die Elementequalität des Feuers. Durch den Untergrund aus Kalk ist es aber ein sehr gemäßigtes Feuer, eher sanft und entspannt. Hier kann man sich auf eine angenehme Weise energetisieren und aufladen. Über den Bergrücken bis zur Burg führt eine Drachenlinie, die die Qualität Wachstum und Lebenskraft mitbringt. Im Burghof wachsen an dieser Stelle zwei wunderschöne große Linden. Sie harmonisieren die aufsteigende Kraft und verteilen sie in der Horizontalen. An einem zweiten Platz im Burghof steht eine große Esche. Hier steigt die Energie stärker auf und bildet eine senkrechte Achse. So finden wir auch hier an diesem Ort, wie in einem Hologramm wieder beide Aspekte: das männliche und das weibliche Prinzip.
Der Hohenurach könnte als Yang-Pol zu den weiblichen Qualitäten des Runden Bergs ein Sonnenkultplatz gewesen sein. Dafür spricht, dass er erst in jüngerer Zeit (ab dem 11.Jhdt.) bebaut war, nachdem die Siedlungen auf dem Runden Berg aufgegeben wurden und das Christentum bereits lange festen Fuß gefasst hatte. Vom Runden Berg aus, geht zudem die Sonne zur Sommersonnwende hinter dem Hohenurach auf.
Der Uracher Wasserfall
Auf dem Weg zum Wasserfall fällt das Energieniveau erst einmal stark ab und man spürt wieder besonders die kraftabziehenden Qualitäten des Kalkgesteins. Doch am Wasserfall angekommen eröffnen sich ganz neue Qualitäten. Hier kann man die sanfte und doch starke Qualität des Wassers erleben. Es wirkt hier aufbauend und regenerierend, gleichzeitig harmonisierend und ausgleichend. Der Wasserfall stürzt fast 40 m in die Tiefe bevor er weitere 50 m in unzähligen kleinen Rinnsalen über bemooste Terrassen aus abgelagertem Kalk sprudelt und letztendlich in den Brühlbach mündet. Eine geheimnisvoll zauberhafte Atmosphäre, eine Feenwelt. In jedem Tropfen scheint ein fröhlich verspieltes Wasserwesen zu wohnen. Generell finde ich Kalkgestein eher anstrengend, aber hier gewinne ich meine Energie und meine Kräfte zurück. Auch im weiteren Verlauf des Brühlbachs, neben dem man zum Parkplatz zurückwandert bleibt die zauberhafte Atmosphäre erhalten.
Obwohl hier vor allem an Wochenenden viele Menschen unterwegs sind, der Weg breit und kinderwagengeeignet, ist für mich der Weg von und zum Uracher Wasserfall immer wieder ein besonderes Erlebnis. Trotz des „Tourismus“ hat sich das Tal eine ganz eigene Atmosphäre und Natürlichkeit bewahrt. Kultur- und Naturlandschaft gehen hier eine harmonische Verbindung ein, bezaubern die Menschen, schenken ihnen ein wenig Glück und Frieden.
Zurück am Parkplatz fühle ich mich ausgesprochen wohl. Ausgeglichen, ausbalanciert, Himmel und Erde, Yin und Yang im Einklang.
…Denn alle durchwandert hab ich die Welten, Neun Reiche bereist ich bis Nifelheim nieder…
Eine zweite Tour zu den Gütersteiner Wasserfällen und dem „Runden Berg“ findet ihr in Teil 2 des Artikels…
1 Comment
Danke für den Beitrag. Hätt ich ihn letzte Woche gelesen, hätte ich mir noch Olivenbaumblätter mitnehmen können. Ich liebe Olivenbäume auch soooo sehr