Weiße Doldenblütler – Wie man es nicht machen sollte

Dass unsere Heil- und Wildpflanzen wieder mehr Beachtung erfahren und sich immer mehr Menschen dafür interessieren ist wirklich toll, hat aber manchnal auch so seine Schattenseiten.

Um zu verdeutlichen, was ich damit meine, seht ihr unten einen Original Facebook Thread aus einer Pflanzengruppe – Da stehen mir dann doch ab und zu etwas die Haare zu Berge…denn leider ist so etwas kein Einzelfall.

Menschen, die bisher kaum eine Pflanze aus der Nähe gesehen haben, ziehen bewaffnet mit einer schönen bunten Smarphone App los und stecken alles in den Mund, was ihnen in die Quere kommt. Viele sind fern der Natur aufgewachsen, hauptsächlich in der digitalen Welt zuhause und haben ihre natürlichen Instinkte verloren.

Ich will hier wirklich niemanden diffamieren und auch nicht entmutigen. Man muss auch nicht übertrieben Angst haben, aber eigene Anschauung und Erfahrung, sowie das direkte Lernen von jemandem, der sich wirklich auskennt, kann man mit keinem Buch und keiner App wettmachen. Diese Zeit muss man sich dann schon nehmen, wenn man Pflanzen sammeln möchte, sonst kann das tatsächlich auch mal richtig schiefgehen!

Die Namen sind geändert und meine Anmerkungen sind farbig-kursiv gesetzt.

Lisa: Hallo liebe Pflanzenfreunde, das habe ich heute unter anderem gesammelt. Ist das Schafgarbe oder Wilde Möhre?

Werner: Weder noch

Tea: Achtung, könnte die giftige Hundspetersilie oder giftiger Wasserschierling oder gefleckter Schierling sein.

Lisa: Ach du großer Gott. Ich hab paar Blüten gekostet. Das ist jetzt 2h her. Hoffentlich hilft Andorn.

Tea: Ich bin mir absolut nicht sicher, aber ich würde mal die Giftnotzentrale anrufen was zu tun ist.

Monika: Ich tippe auch auf Schierling

Tea: München, Giftnotruf München – Abteilung für Klinische Toxikologie Klinikum rechts der Isar – Technische Universität München, 0 89-19 24 0

Nele: Ach Du Schreck….. Hoffe alles geht gut.

Das hoffe ich auch.

Lisa: Danke, aber ich merke nichts. Wasserschierling ist es nicht die Blätter sehen anders aus.

Doris: Leute Leute, Bitte immer erst informieren. Man darf nicht alles einfach essen …

So ist es!

Lisa: Sorry,war mir eine Lehre. Mache ich sonst nicht. Weiß auch nicht was in mich gefahren ist.

Monika: Hab das eben nachgelesen: Der Gefleckte Schierling (Conium maculatum) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Er gehört mit dem Wasserschierling (Cicuta virosa) und der Hundspetersilie (Aethusa cynapium) zu den giftigsten Arten der Doldengewächse.

Nele: Wenn man sich nicht sicher ist ein kleines Blatt unter die Zunge legen, wenn es ganz bitter ist , ist es nicht essbar

Auch das sollte man tunlichst unterlassen!!!
Und ob es bitter ist oder nicht, hat gar nichts zu sagen. Wermut ist eine der bittersten Pflanzen und äußerst gesund.

Franziska: …das glaube ich jetzt nicht ….. was ist das denn für ein Tip? Wenn man sich nicht ganz sicher ist: FINGER WEG !!!

So ist es Franziska, da hast du aber so was von Recht!

Nele: Hab ich von einer sehr erfahrenen Kräuterexpertin…Von einem Blatt unter der Zunge gibt’s keine Vergiftungserscheinungen…Da müsste man schon ein paar mehr zu sich nehmen. Der Körper weiß was gut ist und was nicht…Ich esse es ja nicht sondern leg es nur unter die Zunge. ..Generell sollte man schon nichts einfach essen wenn man sich nicht 100 % sicher ist.

Der letzte Satz ist leider der einzig richtige. Wenn du dir ein Blatt vom Schierling unter die Zunge legst, kann das definitiv schon zu viel sein – ich würde es nicht versuchen.

Tamara: Wasserschierling blüht im Juli und der gefleckte Schierling im Juni und stinkt zum Himmel „smile“-Emoticon Google mal Wiesen-Kümmel…auf alle Fälle kein Schierling!

Lisa: Danke, hab gerade München am Telefon.

Tamara: Blüte von Wiesen-Kümmel

Und das Spekulieren geht fröhlich weiter:

Nele: Wiesen Kümmel könnte es sein

Susanne: Es ist definitiv Wiesenkümmel

Andreas: Es ist der gefleckte Schierling

Lisa: Ich habe angerufen. Nach mittlerweile 4 Stunden Entwarnung. Die Wirkung soll schon nach 30 Minuten eintreten. Das mit dem Andorntee war richtig, er zieht Gifte.

Susanne: …Wenn du es nicht 100% weisst. Foto machen. Später deuten und nicht gleich essen. Die Doldenblüher sehen sich schon recht ähnlich.

Sehr vernünftig. Genau so sollte man es machen. Und leider sehen sich die Doldenblütler nicht nur recht ähnlich, sondern sind sich sogar zum Teil so ähnlich, dass selbst gestandene Botaniker/innen Schwierigkeiten haben sie zu unterscheiden. Also Finger weg davon, solange ihr nicht absolut sicher seid. Ein Fehltritt hier, kann euer letzter sein.

Das Gift des Schierling kann sehr schnell durch die Haut eindringen. Es kommt zu Brennen im Mund, erhöhtem Speichelfluss, Schluckbeschwerden, starkem Erbrechen, Durchfall und Schweißausbrüchen. Bei tödlichen Dosen beginnt die aufsteigende Lähmung in den Füßen, und setzt sich über den ganzen Körper fort. Der Tod kann schon nach 30 Minuten durch Atemlähmung eintreten. Dabei ist man bei vollem Bewusstsein.

Lisa: Mache ich. Ich bin nach einer Pflanzen App gegangen – Auch nicht 100% sicher.

Einfach mit einer Pflanzen App loszuziehen ohne die Pflanzen zu kennen geht gar nicht. Es gibt nicht viele wirklich giftigen Pflanzen, aber eben doch ein paar – und einige erlauben tatsächlich keine Fehler. Auch gibt es ungenießbare und gesundheitsschädliche Pflanzen. Was man sammelt, sollte man wirklich aus eigener Anschauung gut kennen.

Rita: Boah – und ich will Schafgarbe sammeln. Jetzt krieg ich langsam Angst. Ich kann die auch nicht wirklich erkennen, deswegen hab ich immer davor zurück geschreckt. Gibt es irgendwelche deutlichen Merkmale, dass es Schafgabe ist?

Gibt es. Aber Apps und Bücher reichen nicht aus um Pflanzen wirklich sicher erkennen zu können. Es ist toll, dass unsere heimischen Wild- und Heilpflanzen wieder so viel Interesse und Aufmerksamkeit erfahren. Aber bevor man loszieht, sollte man doch einen Kurs oder einen Kräuterspaziergang mit jemandem besuchen, der sich wirklich auskennt und auch dann nur das sammeln, was man gut kennt. Im Kurs bekommst du die wichtigen Merkmale erklärt, um Pflanzen sicher erkennen zu können. Du bekommst sie gezeigt und kannst sie anfassen, fühlen und riechen. Außerdem wirst du auf ähnlich aussehende giftige Pflanzen hingewiesen.

Und wer sich jetzt näher für die vertrackten weißen Doldenblütler interessiert: Das Kräuterfrauennetzwerk Tübingen bietet im Juni einen speziellen Bestimmungkurs mit Rita Lüder an. Mehr Infos hier >>

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