Der 13. Dezember – Tag der heiligen Luzia

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Aus aktuellem Anlass möchte ich heute einen kleinen Ausflug in die Mythologie und das Brauchtum machen. Das Luzienfest ist heute vor allem aus Skandinavien bekannt. Kaum jemand weiß aber, dass die Gestalt der Luzia nicht nur dort, sondern auch im alemannischen Raum, dem Elsass und der Nordschweiz heimisch ist. Dass es Bezüge gibt, zur heiligen Odilia, der Patronin des Odlilienbergs und den alten germanischen Fruchtbarkeitsgöttinnen – und letztendlich auch zur dreifachen Erdmutter. Brauchtum im Jahreslauf hat immer auch einen engen Bezug zu den Vegetationsperioden der Natur und damit zu den Pflanzen.

Im Moment scheint alles Leben in der Natur erstorben. Das Luzienfest, das vor der Kalenderreform auf die Wintersonnwende fiel, setzt einen ersten geistig/energetischen Impuls für das neue Wachstum. Noch nicht sichtbar, kaum spürbar. Es ist der Beginn des Wachstums des Lichts in der Dunkelheit, des neuen Lebens in der Kälte des Winters.

Der folgende Text stammt aus meinem Buch über den Odilienberg:

Odilia, Luzia und die dreifache Göttin

Interessanterweise weist Odilia erstaunlich viele Gemeinsamkeiten mit der heiligen Luzia auf.  Beider Fest wird am 13. Dezember gefeiert. Vor der Einführung des Greorianischen Kalenders im 16.Jahrhundert war dies das Datum der Wintersonnwende. Beider Attribut sind die Augen auf einem silbernen Tablett. Von beiden wird berichtet, dass sie sich die Augen herausschnitten und sie einem unliebsamen Verehrer überbringen ließen. So scheint Odilia nach dem älteren Vorbild der Luzia entstanden zu sein, beziehungsweise stellen beide, Aspekte einer noch viel älteren Matrix, einer vorchristlichen mythischen, weiblichen Göttinnen- und Sagengestalt dar. Diese war aufs Engste mit Geburt und Tod, Fruchtbarkeit und dem Naturgeschehen im Jahreslauf verbunden.

Letztendlich lassen sich  die meisten christlichen Heiligen, bis hin zu Jesus und seinem Kreuzestod selbst, auf uralte Vorbilder vorchristlicher Religionen zurückführen. Diese wurden einfach dem neuen Glauben und dem neuen Weltbild angepasst. Aus ihnen sprechen aber uralte, archetypische Muster, die über keltisch/germanische Vorstellungen bis in die Altsteinzeit, an den Beginn der Entwicklung von Kult und Religion zurückreichen. Ihre übergeordnete Bedeutung für unser menschliches Leben ist so tief in uns verankert, dass keine Religion oder Mythologie umhin kam, sie in ihre Vorstellungswelt aufzunehmen.

Mehr noch als die christlichen Heiligenlegenden haben volkstümliche Bräuche den Zugang zu diesen alten Mustern bewahrt. Und gerade im Elsass, dem gesamten Rheintal und bestimmten Gebieten der deutschsprachigen Schweiz war das Brauchtum um Luzia oder Lussi besonders verbreitet.

Heute kennt man den Brauch der Luzienbraut (schwedisch: Lussibrud) vor allem aus Schweden. Hier wird der 13. Dezember mit großen Umzügen der Luzia und ihres Gefolges ausgiebig gefeiert. Dabei trägt ein weißgekleidetes, unverheiratetes Mädchen bei einer Prozession einen Lichterkranz auf dem Kopf. Sie wird begleitet von mehreren „Brautjungfern“ und einem Zug von Knaben mit goldenen Hauben. Ursprünglich trat die Luzia mit dem Lichterkranz nur im Kreis der Familie auf und weckte die Familienmitglieder am frühen Morgen des 13. Dezember mit einem Lied und einem kleinen Imbiß.

Im Elsaß und der Schweiz gibt es ähnliche Bräuche. Hier ist die Luzia die Verkörperung des Christkinds, das in der dunkelsten Nacht geboren wird, und den Menschen, Segen, Hoffnung und die Verheißung, der nun wieder steigenden Sonne und des wiederkehrenden Lebens bringt.

Im Allgemeinen nun bringt man dieses Lichtkind in Verbindung mit der christlichen Heiligen Luzia, deren Fest auf den 13.Dezember fällt, der früheren Wintersonnwende. Allerdings sind die Lichterbräuche um die Zeit der Wintersonnwende, vor allem nördlich der Alpen und in Skandinavien wesentlich älter. Und auch in Italien gab es eine sabinische Lichtgöttin, die Juno Lucina oder Lucetia, die wahrscheinlich die Vorgängerin der christlichen Luzia war. Ihre Symbole waren eine Opferschale und eine Lampe. Sie schenkte den Menschen das Licht, die Erleuchtung und die Sehkraft und öffnete neugeborenen Kindern die Augen. Die christliche Luzia übernahm diese Symbole und wurde als Schutzpatronin der Augenkranken zu einer der beliebtesten Heiligen des Mittelalters.

Aber auch in den Ländern nördlich der Alpen passte Luzia in das alte Muster des Lichtkindes, der wiederkehrenden Sonne und des sich erneuernden Lebens, und verschmolz so im Laufe der Zeit mit den alten Lichterbräuchen zu Mittwinter und dem skandinavischen Julfest.

Im germanischen Raum war diese Jahreszeit aber vor allem auch mit der germanischen Göttin Holda, oder Perchta verbunden und so zeigen sich im Brauchtum der Luzia oder Lussi im germanischen Raum noch weitere Aspekte, die sie wohl von dieser übernommen hat.

Frau Holle, die Ahnin der Luzia im germanischen Raum

Die Holda, Hulda oder Frau Holle (die Huldvolle) scheint ursprünglich ein Beiname der skandinavischen Göttin Frigg oder Freyja gewesen zu sein. Gleiches gilt für die Perchta (die Glänzende), wie Frau Holle vor allem im Alpenraum genannt wird. Im germanischen Raum war es die Erdgöttin Nerthus oder Hertha.

Wie alle alten Erdgöttinnen bringt Frau Holle Fruchtbarkeit und Fülle. Sie wohnt in Seen oder Brunnen, die den Eingang in ihr Reich markieren und ist damit auch die Göttin der Anderswelt, des Jenseits, wo die Seelen der ungeborenen Kinder wohnen und wohin die Toten gehen. Im Frühling geht sie über die Felder und lässt die Saat wachsen. So vereinigt sie in sich letztendlich wieder alle 3 Aspekte der Großen Göttin der Steinzeit. Sie trägt alle Aspekte des Lebens in sich: Werden, Reifen und Vergehen.

In ihr existieren Hell und Dunkel, Werden und Vergehen, das Schöne und das Schreckliche des Lebens noch Seite an Seite, vereint in einer Person. Uns so zeigt sie sich häufig auch in unterschiedlicher Gestalt, als schöne junge Frau oder als hässliche Alte.

An Wintersonnwende oder in der „Mütternacht“, wie die Germanen die längste Nacht des Jahres nannten, öffnet Frau Holle die Tore zur Anderswelt. Sie ist die Urmutter aller Geschöpfe, der Lebenden und der Toten. In den folgenden 12 Nächten ziehen die Seelen der Toten und andere „andersweltliche“ Wesen mit ihr als „Wilde Jagd“ übers Land. Als Darstellung dieses Mythos findet man heute noch im Alpenraum die sogenannten „Perchtenläufe“. Maskierte Jungmänner ziehen dabei zu dieser Zeit unter großem Lärm durch die Dörfer und Höfe. Sie bringen Fruchtbarkeit fürs neue Jahr und vertreiben die Dämonen der dunklen Zeit.

Mit dem Christentum beginnt aber das Bewußtsein von Licht und Dunkel als den untrennbar verbundenen Aspekten des Lebens und der zyklischen Wiederkehr des Lebens zu schwinden. Licht und Dunkel, Werden und Vergehen werden zu Gegensätzen. So übernimmt die Luzia mit der Zeit hauptsächlich den lichten Aspekt der Frau Holle. Der dunkle personifiziert sich dann oft in ihrem Begleiter. So tritt zum Beispiel im Böhmerwald und Elsass die Luzia gemeinsam mit dem Nikolaus, bzw. dem „Hans Trapp“ auf.

Und doch kann sie ihre Herkunft aus einer früheren Zeit nicht verleugnen, denn immer noch schimmert in vielen Bräuchen die beides umfassende Gestalt der Frau Holle hindurch.

In manchen Gegenden tritt die Luzia, als Lussi oder Lutzelfrau in ein Ziegen- oder Kuhfell gehüllt auf. Manchmal auch mit Vogelmaske. Manchmal wird sie von solchen Tiergestalten begleitet. Diese entsprechen den Perchten des Alpenraums und erinnern an den Mythos vom Totenheer, das mit der Frau Holle übers Land zog.

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