Die Salmendiger Kapelle, St.Anna auf dem Kornbühl ist auch im Winter einen Ausflug wert. Fast 900 m hoch gelegen, kann man hier, wenn man Glück hat, dem Einheitsgrau des winterlichen Hochnebels entfliehen.
Am Neujahrstag hatten wir Glück und durften mit unseren Freunden einen Tag im Licht, inmitten eines Wintermärchens erleben…
Der Kornbühl bei Salmendingen auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb ist ein markanter alleinstehender Hügel.
Auf der Spitze des Bergkegels befindet sich die Wallfahrtskapelle St. Anna. Sie wird erstmals 1507 urkundlich erwähnt. Auf den Gipfel führt ein 1886 angelegter Kreuzweg mit 14 Stationen und drei Kreuzen am Gipfel, die den Kalvarienberg symbolisieren.
Trotz des relativ geringen Alters der Kapelle deutet vieles darauf hin, dass der Kornbühl bereits in vorchristlicher Zeit ein alter Kultplatz war.
Orte mit dem christlichen Patrozinium der heiligen Anna haben meist eine lange vorchristliche Geschichte. „An“ ist eine der sechs Ursilben der Menschheit und weltweit nachweisbar. Sie bezeichnet ein meist altersüberlegenes, verehrungswürdiges Uranfängliches, das als weiblich angesehen wird und viele alte (Erd-)Muttergottheiten tragen die Silbe „an“ in ihrem Namen:
Inanna (sumerisch), Anat(h) (phönikisch-kananäisch), Anahita (persisch), Anna Perenna (altrömisch), Diana (römisch), Vedana (vedisch), Dana (keltisch), Anbeth/Ainbeth (germanisch).
Damit verweist die heilige Anna zurück bis auf die Kulte mutterrechtliche organisierter Gemeinschaften der jüngeren Steinzeit, als die Menschen begannen seßhaft zu werden und Ackerbau zu betreiben. Hügel wie der Kornbühl, symbolierten dabei den schwangeren Bauch der Erdmutter, die das Leben gibt und es auch wieder nimmt. Dort hat man den Himmel und die Gestirne beobachtet und die Feste im Vegetationskreislauf gefeiert, die sich bis heute in den christlichen Festen erhalten haben.
Der Tag der heiligen Anna wird am 26.7. gefeiert und gilt bis heute als Lostag für das Erntewetter. Nicht viel später feierten die Kelten am Vollmond Ende Juli/Anfang August das Schnitterfest – Lugnasad, ein Fest das den Beginn der Kornernte markierte. Auch hier zeigt sich also die Verbindung der heiligen Anna mit dem Vegetationskreislauf und der religiösen Welt der frühen Ackerbauern, von denen auch die Kelten vieles übernahmen.
Das geschnittenen Korn ist symbolisch identisch mit dem getöteten Sonnenheros, der sich nun aufmacht zu seiner Reise in die Unterwelt. Hier finden wir wieder einen Hinweis auf Anna als Verkörperung all der archaischen (Erd-)Göttinnen wie Inanna und Isis, deren Geliebter im Winter in der Unterwelt weilt, um im Frühjahr neugeboren aufzuerstehen.
Ein weiterer interessanter Hinweis, sind die Darstellungen von Anna mit Maria und Jesus als Trinität ab dem Spätmitelalter. Die ältesten Darstellungen zeigen Anna in der Mitte, links Jesus und rechts Maria in der Größe von Kindern.
Auch hier finden wir Anna als die große alte Erdmutter. Ihr beigeordnet die unbesiegbare Sonne (Christus) und Maria (der Mond). Eine Symbolik, die uralte archaische Muster in den Menschen anspricht.
Die Ortsqualität
Der Berg als schwangerer Bauch, Gebärmutter. So haben ihn sicher auch die Menschen der Steinzeit gesehen. Fast genau im Süden der Bühl. Zwei runde Erhebungen: wie Brüste. Im Norden, Richtung Talheim das Tal des Wangenbachs mit seinen Wasserfällen, die dort zeitweise fließen.. im Ganzen der Körper einer Landschaftsgöttin mit dem Kornbühl in seinem Zentrum.
Die Atmosphäre ist luftig und frei. Man steht über den Dingen, kann sich aus dem Alltag und seinen Problemen lösen, Überblick gewinnen. Angenehm und aufbauend, wohltuend.
Hier treffen sich Himmel und Erde. Aus dem Bauch der Göttin wird die Sonne geboren. Man ist dem Himmel nah – ohne den Boden unter den Füssen zu verlieren. Männliche, weibliche und neutrale Energien kommen hier zusammen und verbinden sich harmonisch zu einem aufbauenden und stärkenden Kraftfeld.
Die Achse der Kapelle ist genau auf die Wintersonnwende ausgerichtet.
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